06.04.2014, 16:53
Zitat:Von: Thomas Kohlruß @http://babyblaue-seiten.de/album_14158.html
„Weniger ist manchmal mehr“ schrieb ich anlässlich des letzten Ayreon-Werks. Frei nach Jan Zehrfeld schreibe ich zum neuen Album von Flaming Row: „Mehr ist manchmal auch einfach mehr“. Mehr Studiogäste, mehr Variabilität beim Gesang, mehr musikalische Abwechslung, mehr Gitarren, einfachen eben mehr von allem. Und das nicht nur einfach in „mehr“, sondern auch noch in „besser“. Das Fazit vorab: „Mirage – A Portrayal of Figures“ spielt mal locker um den Album des Jahres-Titel mit.
War schon der Erstling „Elinoire“ eine Sympho-Prog-Oper im besten Ayreon-Stil, so legt das neue Werk noch ein Schippe drauf. „Mirage – A Portrayal of Figures“ ist der erste Teil einer Trilogie (die nächsten Teil sollen jeweils in den nächsten Jahren erscheinen) und angesichts der Ideendichte und der verspielten Abwechslung, die hier geboten wird, ist nicht davon auszugehen, dass dem Projekt auf diesem langen Weg die Luft ausgehen wird. Die Flaming Row-Kerntruppe um Gitarrist, Sänger, Komponist, Chef von das Ganze Martin Schnella, Marek Arnold und Kiri Geile wird diesmal von mehr als 30 (teils sehr namhaften) Gastmusikern unterstützt. Deren Beiträge an Instrumenten und vor allem am Gesang machen die Sache so richtig prall und kraftvoll. Thematisch geht es um eine Geschichte in der Zukunft, in der die Menschheit sich dem 3. Weltkrieg hingibt und so den Zorn der Herrscher des Universums auf sich zieht. Die beschließen diese missliebigen Erdenbürger mit Sonnenstürmen und allerlei anderem Unbill zu vernichten... Auch die Story ist also Prog pur.
Musikalisch werden viele Register von Sympho-Prog über Progmetal und Melodic Rock bis zu folkigen Passagen und einfach erdigem Rock gezogen. Die Band bietet schon grandiose Gitarren-Passagen, röhrende Orgeln und natürlich Saxofon und Klarinette auf. Da kann mal ein Ragtime-Piano, keltische Pfeifen oder ein Volkslied-Chor dazwischen funken, überraschen kann einen das kaum noch, der Hörer staunt eher und genießt. Die Ideen und kleinen Gimmicks – gerade in den langen Stücken – sind in ihrer Fülle förmlich überbordend, manchmal auch übermütig, aber Spaß macht das hier allemal. Am Stück gehört entwickelt das Album einen erstaunlichen Fluss, der alles wie aus einem Guss wirken lässt. Praller, kreativer Rock, dessen Spielfreude aus allen Poren tropft. Und die durchweg hervorragenden Gesangsleistungen setzen dem Ganzen das Sahnehäubchen auf.
Um beim Vergleich zu bleiben: Flaming Row laufen Ayreon hier klar den Rang ab. Wäre mal interessant zu wissen, was AA Lucassen von dem Werk hält, immerhin ist er hier auch mit Gast-Gitarrensolo präsent. Die Beziehungen zwischen den Musikern scheinen also intakt zu sein.
„Mirage – A Portrayal of Figures“ macht regelrecht süchtig, schon weil es einige Durchläufe braucht, um die ganzen musikalischen Ideen zu entdecken und zu erfassen. Das garantiert schon mal lang anhaltenden Hörspaß und gute Unterhaltung auf einem angenehm hohen Niveau. Groß angelegtes Sympho-Prog-Theater, welches die Fans und Freunde des Genres in den siebten Proghimmel beamen sollte.
Die "Limited Edition" - im übrigen in einem hübschen Digipak mit ausführlichem Booklet zum Mitlesen - enthält das komplette Album als Instrumental-Version auf einer zweiten CD. Erstaunlicherweise entwickelt diese Instrumentalversion einen ganz eigenen Charme und wirkt keineswegs leer und öde, obwohl der Gesang das Original-Album schon deutlich prägt. Interessant!