17.09.2008, 14:57
Hab das game vor ca. 3/4 Jahr mal entdeckt und find's sehr geil. Gibts für PC und Konsole.
Zitat:Innovative Spielideen sind bekanntlich Mangelware, und wenn es mal welche gibt, straft die Masse der Kunden sie an der Verkaufstheke meist mit Nichtachtung - so lautet ein immer wieder bestätigtes Dilemma der Spielebranche. Tim Schafer, der Macher von Adventure-Klassikern wie Grim Fandango oder Day of the Tentacle, hat es trotzdem riskiert und mit Psychonauts ein Spiel auf den Markt gebracht, das in puncto Spielwitz und abgedrehter Ideen derzeit nahezu konkurrenzlos ist.
Der Spieler steuert von Beginn an den kleinen Rasputin (genannt Raz), der nur ein großes Ziel vor Augen hat: Er möchte unbedingt Psychonaut werden. Psychonauten sind Agenten mit einer Reihe von Spezialfähigkeiten, dank derer es ihnen möglich ist, in die Gehirne anderer Personen einzudringen und da für (Un-)Ordnung zu sorgen. Ausgebildet werden die Psychonauten in speziellen Sommer-Camps, und genau hier fangen die Probleme auch schon an - Raz gehört nämlich leider nicht zu den hochintelligenten Kids, die für ein solches Camp ausgewählt wurden. Da der Knirps aber nicht unter mangelndem Selbstvertrauen leidet, schleicht er sich einfach heimlich ein und hat damit durchaus Erfolg: Kaum sind die ersten minutenlangen und bereits sehr unterhaltsamen Zwischenszenen angeschaut, geht es auch schon los mit der Spezialagenten-Ausbildung.
Psychonauts spielt auf zwei Ebenen: Einerseits tollt man in den verschiedenen Bereichen des Camps im Wald herum, interagiert mit den anderen dort lebenden Charakteren, führt lange Gespräche, um einer Verschwörung auf die Spur zu kommen und amüsiert sich über zahlreiche witzige Dialoge und Szenen, die in der Umgebung passieren. Der eigentliche Reiz des Spiels entfaltet sich allerdings immer dann, wenn man in die Gedankenwelt anderer Personen eindringt, denn hier hatten die Entwickler die Möglichkeit, sich frei auszutoben - und davon haben sie auch massiv Gebrauch gemacht. So befindet man sich gleich zu Beginn etwa im Kopf des Ausbilders, und da es sich bei diesem um einen alten General handelt, geht es in seinen Gehirnwindungen auch alles andere als friedlich zu - Überleben in einem düsteren und unwirtlichen Kriegsgebiet ist also angesagt.
Mit jedem weiteren Gedankenausflug lernt man neue Traumwelten wie eine vermeintliche Vorstadtidylle kennen, hüpft durch Bühnenbilder eines Theaters oder kämpft als King Kong-artige Kreatur - was einem hier an unterschiedlichen Szenarien und abgedrehten Charakteren geboten wird, ist wirklich beachtlich. Wenn es dann später gar in die Gedankenwendungen potenziell Geisteskranker geht, erreicht die Skurrilität ihren Gipfelpunkt - die hier zu absolvierenden Aufträge erinnern wirklich an beste Tentacle-Zeiten. Trotz der eher kindlichen Optik richtet sich der Humor übrigens ganz klar an reifere Spieler; viele der Anspielungen dürften Kinder kaum verstehen.
Das eigentliche Gameplay von Psychonauts ist zugegebenermaßen allerdings längst nicht so ungewöhnlich wie Story und Setting - hier wird nämlich eher typische Jump&Run- bzw. Action-Adventure-Kost geboten; wer auf Grund von Tim Schafer ein Adventure im klassischen Sinne erwartet hat, dürfte also enttäuscht werden. Raz kann stattdessen Doppelsprünge ausführen, mit Sprungattacken Löcher durchbrechen, sich über Abgründe hangeln oder an Stangen hin- und herschwingen und muss all das auch immer wieder und oft unter Zeitdruck tun. Hinzu kommen allerdings besondere Psi-Kräfte wie etwa Telekinese, die Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen oder auch die Option, Riesensprünge auszuführen. Nach Rollenspiel-Manier werden diese Fähigkeiten allerdings erst im Spielverlauf erlernt bzw. verbessert - dafür ist dann massives Item-Sammeln angesagt. So gibt es in den Gehirnwelten zum Beispiel unzählige Traum- und Trugbilder, die man problemlos einstecken kann, um so nach und nach aufzuleveln.
Leider ist Psychonauts technisch nicht so perfekt wie inhaltlich. Sowohl auf dem PC als auch auf der Xbox sorgen Kameraprobleme immer mal wieder für Frust, zudem wirken die leicht kantigen Charaktermodelle trotz witziger Mimik und vielen unterhaltsamen Details oft etwas antiquiert. Hinzu kommt, dass gerade am PC die Steuerung sehr hakelig ist - egal ob man mit Tastatur oder Gamepad spielt. Da macht die Xbox-Version insgesamt einen etwas besseren Eindruck, da Raz hier von Beginn an sehr einfach zu steuern ist.
Psychonauts ist für PC, Xbox und PlayStation 2 bereits im Handel erhältlich und hat eine USK-Freigabe ab zwölf Jahren erhalten. Dieser Test bezieht sich auf die inhaltsgleiche PC- und Xbox-Version; die Umsetzung für die PS2 lag uns zum Test leider nicht vor.
Fazit:
Psychonauts ist - trotz einiger technischer Macken und eines grundsätzlich recht typischen Jump&Run-Gameplays - ein echtes Erlebnis: Derart viele abgedrehte und witzige Ideen, wie sie hier für Szenarien und Story verwendet wurden, sucht man in den meisten Spielen vergeblich, die Handschrift und das Mitwirken von Tim Schafer sind deutlich zu erkennen. Zudem ist die Atmosphäre gleichermaßen humoristisch und fesselnd - wer keine Abneigung gegen Jump&Runs und Action-Adventures hat, sollte sich diese Perle nicht entgehen lassen.
Screenshots: http://scr3.golem.de/?d=0601/psychonauts&a=42489
Trailer: