24.03.2009, 18:04
Moin,
BBS sagt folgendes:
King Crimson meets Genesis (wenig) meets Anglagard (mehr!).
Die beiden wirklichen Tracks auf dem Album sind schweingeil, der rest nettes Beiwerk.
BBS sagt folgendes:
Zitat:Eine Redensart aus dem Musikgeschäft lautet: Man hat zehn Jahre Zeit, das erste Album zu schreiben, aber nur eines für das zweite. Im Fall der norwegischen Retro-Retro-Retro-Prog-Schrate Wobbler muss man dies eher umdrehen. Ihr zweites Album "Afterglow" (2009) enthält nämlich Kompositionen, die deutlich vor denen auf ihrem eigentlich Debütalbum "Hinterland" (2005) geschrieben wurden (nämlich 1999), insbesondere jene zwei Longtracks, mit denen Wobbler im Jahr 2003 über kostenlose Demo-Downloads auf ihrer Website für einiges Aufsehen in der Prog-Szene sorgten.
Diese Demos weckten die Hoffnung, dass Wobbler legitime Nachfolger der legendären ÄnglagÃ¥rd werden könnten. Zwar ist dieser Vergleich mit den großen Schweden durch unbestreitbare Ähnlichkeiten im Sound und in manchen kompositorischen Wendungen berechtigt: Wobber und ÄnglagÃ¥rd beten zu den gleichen Göttern. Aber während ÄnglagÃ¥rd die eher - sozusagen - protestantische Seite des Retro-Progs repräsentieren (bei aller mystischer Emotionalität eine intellektuell geprägte asketische Haltung), vertreten Wobbler den Katholizismus: Voller Pomp, bunt und laut.
Dies gilt weniger für das dröge "Hinterland", schon mehr für die Demo-Downloads und in voller Glorie für "Afterglow". Die Demo-Kompositionen wurden für das neue Album komplett und opulent neu aufgenommen - und teilweise umbetitelt: Aus "Imperial Winter White Dwarf" wurde "Imperial Winter White", aus "Leprechaun Behind the Door" wurde "In Taberna". Wie auf "Hinterland" schwappen auch hier die farbigen, teils mit Gastmusikern aufgepeppten Arrangements über vor Lagen analoger Keyboard-Sounds, aber - das ist die ersehnte gute Nachricht - die Stücke haben genau den Saft, die Kraft, den Schwung, den Drang, der fast allem Material auf "Hinterland" schmerzlich, ja schmerzhaft abging. Hier rappelt's im Karton - endlich.
Wobbler erfinden auch hier den Prog nicht neu, und das wollen sie sicherlich auch gar nicht. ÄnglagÃ¥rd scheinen natürlich, siehe oben, deutlich durch, auch ELP und Gentle Giant, gelegentlich ein bisschen frühe King Crimson, aber kaum - sicherlich deutlich weniger als auf "Hinterland" - der lyrische klassische Prog à la frühe Genesis oder frühe PFM. Die Kompositionen sind komplex, verspielt und niemals langatmig oder gar langweilig (nicht alles was "langatmig" ist, muss auch "langweilig" sein), und endlich klingt das Schlagzeug auch vernünftig: Auf den Demos kam es aus der Dose, auf Hinterland erstickte es im Keyboard-Brei; Drummer Kneppen ist nicht umsonst von einem vielleich retro-politisch korrekten, aber schwachbrüstigen Ludwig Set auf Yamaha Trommeln umgestiegen.
Die eindeutige Enttäuschung in Sachen "Afterglow" ist die Tatsache, dass es außer den beiden an sich bereits bekannten Stücken kaum neues Material enthält. Die drei anderen Kurznummern bauen zwar um die beiden Longtracks einen Rahmen, der das Album weiter strukturiert (vor allem hieven sie es auf die immer noch magere Gesamtlaufzeit von knapp 35 Minuten), bieten aber musikalisch wenig Mehrwert: "Interlude" ist ein Stück für akustische Gitarre, "The Haywain" und "Armoury" sind Instrumentalnummern, die von Renaissance-Musik inspiriert scheinen.
Mein Vorschlag: Wir tun einfach so, als ob "Afterglow" Wobblers erstes Album sei (was es in gewisser Weise ja auch ist) und vergessen "Hinterland"; so könnten wir berechtigt auf große Folgetaten aus Norwegen hoffen.
King Crimson meets Genesis (wenig) meets Anglagard (mehr!).
Die beiden wirklichen Tracks auf dem Album sind schweingeil, der rest nettes Beiwerk.