28.06.2010, 09:05
Zitat:Der Name HAWKWIND dürfte eigentlich jedem Rockmusikfreund schon einmal untergekommen sein, nicht zuletzt durch die frühe Verbindung mit MOTÖRHEADs Lemmy Kilmister. Allerdings ist es ebenfalls nicht auszuschließen, dass damit das Ende der Fahnenstange auch schon wieder erreicht ist, denn zwischen "Aha, den Namen kenne ich" und "Aha, den Namen kenne ich UND ich weiß, wie die sich anhören" liegen oftmals Welten.
Das zu ändern dürfte nicht gerade die einfachste Übung der Welt sein, da psychedelischer Hardrock, verschnitten mit wabernden Raumschiffkommandobrückentönen, möglicherweise auch heute eher ein Nischendasein fristet. Das hält allerdings US CHRISTMAS, HARVESTMAN und MINSK nicht davon ab, den Erfindern des Space Rock Tribut zu zollen, und zwar reichlich. Beinahe 80 Minuten lang wabern, rocken und dröhnen sich die drei Bands durch elf HAWKWIND-Stücke, wobei der Fokus eindeutig auf dem HAWKWINDschen Schaffen der ersten Hälfte der 70er Jahre liegt.
HARVESTMAN nehmen sich "D Rider", "Down Through The Night", "Magnu" und das von Herrn Kilmister geschriebene "The Watcher" vor. Dabei halten sich Steve von Till und Jason Roeder, beide von NEUROSIS bekannt, recht gut an ihre Vorlagen, drücken ihnen aber einen interessanten Stempel auf. Während ausgerechnet "The Watcher" relativ melancholisch und gedämpft daherkommt, geben die anderen drei Stücke nicht zuletzt durch von Tills charismatische Röhre einen guten Eindruck davon, wie es mit Lemmy musikalisch hätte weitergehen können, wenn er damals die "richtigen" Drogen für HAWKWIND eingeworfen hätte. Besonders "Magnu" und "D Rider" entpuppen sich als arschcoole psychedelische Rocksongs, die nach einer sonnenbebrillten Cabriofahrt durch die Galaxis geradezu schreien.
Bei MINSK und ihren Neuauflagen von "7X7", "Children Of The Sun" und "Assault And Battery/The Golden Void" sieht es in Punkto Coolness nicht viel schlechter aus. Der geradlinige Rockfaktor geht ihren Interpretationen im Vergleich mit HARVESTMAN zwar etwas ab. Dennoch haben ihre stärker in Richtung [Post]Hardcore gehenden Beiträge einen ganz eigenen Charme, der sich vor allem auch aus den sehr gekonnten Saxofon- und Flöteneinlagen speist. So kommen MINSK etwas introvertierter, sperriger und dunkler daher und erinnern in "The Golden Void" gar an NEUROSIS zu Zeiten von "Times Of Grace" mit stärkerem Psychedelic- und Folkeinschlag. Wenn das nichts ist!
US CHRISTMAS schließlich haben sich "Master Of The Universe", "Psychedelic Warlords", "Orgone Accumulator" und "You Shouldn't Do That" zur Brust genommen und lassen sich rein vom Ausdruck und der Stimmung her vielleicht noch am schnellsten und eindeutigsten in das zugegebenermaßen etwas diffuse Space Rock Genre einsortieren. Hier ist der Anteil an elektronischen Nebengeräuschen und der Einsatz von Halleffekten über dem Gesang am deutlichsten zu spüren. Außerdem kommt gerade in Nate Halls Gesang noch eine gute Spur Punk hinzu, wodurch sich die HAWKWIND-Interpretationen von US CHRISTMAS ein Stück weit von denen der anderen beiden Bands abgrenzen und Assoziationen zu frühen MONSTER MAGNET wecken, welche HAWKWIND ebenfalls als Einfluss zitieren.
Selbst wenn, was ich durchaus für möglich halte, das "Hawkwind Triad" Album von HARVESTMAN, US CHRISTMAS und MINSK eher eine Randgruppe von Rockfans ansprechen sollte, tut dies doch der Qualität keinen Abbruch. Nun gut, ein paar Längen gibt es auch hier zu verzeichnen – in Anbetracht einer derart langen Spielzeit wäre es indessen ein Wunder, wenn dies nicht der Fall wäre. Wer auf psychedelisches "Geschwurbel" steht, der braucht diese Scheibe sowieso. Aber auch allen anderen aufgeschlossenen Rockern und Rockerinnen sei die "Hawkwind Triad" wärmstens empfohlen – und sei es nur, um mit dem Namen HAWKWIND endlich auch mal einen gewissen Sound in Verbindung zu bringen. Wer weiß – ich muss ja nicht der einzige bleiben, für den HARVESTMAN, US CHRISTMAS und MINSK hier ein persönliches Sommeralbum geschaffen haben, zu dem eigentlich nur noch der Sommer fehlt...
Trackliste:
01. Master Of The Universe [US CHRISTMAS]
02. D Rider [HARVESTMAN]
03. 7X7 [MINSK]
04. Down Through The Night [HARVESTMAN]
05. Assault And Battery/The Golden Void [MINSK]
06. Psychedelic Warlords [US CHRISTMAS]
07. Children Of The Sun [MINSK]
08. Orgone Accumulator [US CHRISTMAS]
09. The Watcher [HARVESTMAN]
10. You Shouldn't Do That [US CHRISTMAS]
11. Magnu [HARVESTMAN] Spielzeit: 01:18:50
Line-Up:
Harvestman:
Steve von Till - Gesang, Gitarre, Bass, Oszillatoren, Fuzz und Modulationen
Jason Roeder - Schlagzeug
US Christmas:
Nate Hall - Gitarre, Gesang
Matt Johnson - Gitarre
John Presnell - Bass
Tim Greene - Schlagzeug, Maultrommel, "Shouldn't Do That"s
Ben Teeter - Synthies, Knöpfe
Chad Davis - Gitarre, Synthies, Aufnahme, Mix
Tom Devlin III - Saxofon, Effekte
Scott Isenhour - Synthies, "You Shouldn't Do"s
Minsk:
Timothy Mead - Gesang, Keyboard
Chris Bennett – Gitarre
Tony Wyioming – Schlagzeug
Sanford Parker – Bass
zusätzliche Musiker:
Bruce Lamont - Saxofon, Flöte
Sean Patton - Vocoder
[b]Persönlicher Nachtrag: Dem kann ich mich eigtl. nur anschließen. Sehr schöne "EP" (immerhin 80 Minuten Spielzeit) mit idealer Sommermucke, die man auch auflegen kann, wenn Gäste da sind xD Auch für nicht-Hawkwind-Fans (immerhin die erste Band von Lemmy Kilmister) interessant. Die Synthis sind hier sicher gewöhnungsbedürftig, dennoch: 8,5/10 gibts hier.