23.10.2010, 16:57
Der Herbst. Die Zeit, in der die Temperaturen mal mehr, mal minder rapide dem Punkt entgegenstreben, ab dem Wasser den Aggregatzustand wechselt. Die Zeit, in der die Bäume sich gülden verfärben. Die Zeit, in der man schon mit allerlei Weihnachtskrams in den Läden bombardiert wird, obwohl es noch so lange hin ist. Und traditionell die Zeit, in der die ganzen tollen Bands von den Sommerfestivals scheinbar immer denken: „Deutschland hat ja doch tolle Fans und schön hier etc.“ und dann ihrem Tourmanager nen Bus, einen Haufen Roadies, ne Vorband und ein paar Gigs aus dem Rückgrat leiern. Anders kann ich es mir jedenfalls nicht erklären, dass man von Ende September bis Mitte Dezember mit genialen Konzerten zugepflastert wird, während sich Januar und Februar in Trostlosigkeit, März bis Juni in Mittelmäßigkeit ergehen.
So jedenfalls machten sich auch Sabaton nach der Veröffentlichung ihres mehr als gelungenen neuen Albums „Coat of Arms“ daran, die Bühnen Europas und vor allem Deutschlands zu stürmen.
Das die Band aus dem schwedischen Falun mittlerweile zur Speerspitze des melodischen Power Metal, der trotzdem das „Power“ nicht vermissen lässt, gehört, hat sich nicht erst mit Erscheinen des 2010er Outputs so ergeben, sondern ist vielmehr das Ergebnis der logischen Weiterentwicklung einer Band, die stets bereit war, sich zu verbessern und neue Wege einzuschlagen, ohne dabei die musikalischen Wurzeln zu verleugnen.
Diese Entwicklung ist scheinbar auch Nuclear Blast, allen Unkenrufen zum Trotz nun mal eins der wichtigsten Labels, aufgefallen und nach einer starken „Primo Victoria“, einer ganz starken „Attero Dominatus“, sowie ihrem „Breakthrough“-Album, dem von mir höchst geschätzten „Art of War“ (den 2007er ReIssue ihrer ersten Platte aus Underground Zeiten lasse ich hier bewusst unerwähnt(nicht mangels Qualität sei gesagt)) stattete man die Schweden auch mit dem längst überfälligen Major Deal und einer umfangreichen Headliner-Tour aus.
Als tatkräftige Unterstützung holte man sich die schottischen Senkrechtstarter Alestorm sowie die finnischen Newcomer mit dem unausprechlichen Namen Thaurorod ins Boot.
Erstgenannte sollten jedem ein Begriff sein, der nicht die letzten 2 Metal-Jahre unter einem Stein verbracht hat. Die Erfolgsgeschichte der Scottish-Pirate-Metaller ist beispiellos. Ich selbst habe sie in den letzten beiden Jahren fünfmal live erleben dürfen (wobei sie mir live auch immer besser gefallen, als von Platte) und jedes der Konzerte war ein absoluter Hammer. Kann Durchgang 6 also immer noch überzeugen, oder stellen sich dann doch langsam Ermüdungserscheinungen ein?
Thaurorod dagegen waren mir bis zur Ankündigung, dass sie vor Alestorm und Sabaton spielen, gänzlich unbekannt. Also befragte ich Freund Google und mir wurde von diversen Seiten versichert, es mit DER Hoffnung im Bereich des hymnischen Power-Metals zu tun zu haben....also der Rolle, die Sabaton gerade einnehmen. Thron-Neider also....soso.......
In Kombination mit der Wahl des Dortmunder FZWs als Location waren alle Weichen für einen gelungenen Abend gestellt. Ein absolutes Brett, DIE Partygranate Numero Uno und mit Thaurorod die „Große Unbekannte“ und das ganze Paket in einer der besten Locations Deutschlands (ohne jeglichen SchnickSchnack und trotzdem nicht hässlich), was soll da noch schief gehen?
Nun, zuerst einmal die Tatsache, dass die DB es mal wieder nicht hinbekommt, ihre Züge pünktlich fahren zu lassen. Zum Glück hatte ich Murphys Gesetz eingeplant und so liessen sich die 33 Minuten Verspätung (!!!) dann auch kompensieren.
Was sich nicht kompensieren liess, war die Schlange, die sich vor dem FZW gebildet hatte. Wenn ich einen Kritikpunkt an der Location habe, dann der viel zu kleine Eingang. Wenn man noch dazunimmt, dass es ansonsten nur noch den Eingang zur hauseigenen Lounge und einen weiteren Rettungsweg gibt, der auch nicht viel breiter ist, als der Eingang (also eine Doppeltür) stellt sich schon die Frage, ob man im Angesicht der Ereignisse der Loveparade nicht noch hätte nachbessern wollen, denn im Falle einer Panik ist mir nicht ersichtlich, wie man 1500 Leute (wenn ausverkauft ist) da schnell rausbekommen will.
Aber ich schweife ab.
Irgendwann ist die Schlange schließlich überwunden und man lümmelt sich (nach dem Beschluss, in den (zwar nur leicht, aber dennoch) überteuerten Merch keinen Cent zu investieren) in den Hauptraum, wo Thaurorod schon ihre ersten Töne vom Stapel lassen. Anscheinend gab es noch einen Local Support, den ich aber aufgrund der Schlangen-Länge verpasst hab. Viel länger als 20 Minuten können die aber ohnehin nicht gespielt haben.
Los gings also mit den Mannen von THAUROROD. Das der Finnen-Fünfer gerade überall als DIE HOFFNUNG abgefeiert wird, ist zwar bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar und sogar verständlich, aber eben nur bis zu jenem gewissen Grad.
Besser gut geklaut, als schlecht selbst-gemacht ist gleichzeitig der größte Kritikpunkt, den ich an der Band habe, gleichzeitig aber auch das, was die Band so angenehm zu hören macht. Man fühlt sich eben genau an vergangene Glanztaten der Referenzbands erinnert, die diese zum Teil aus eigener Kraft nicht mehr selbst zu erreichen im Stande sind. Der Gesang erinnert an einen Bruce Dickinson (die Stimme klingt haargenau so...zumindest live), die Gitarren liefern sich ein Duell, dass an vergangene Edguy- und Blind Guardian-Zeiten erinnert, den Bass könnte Peavy Wagner bei Rage nicht knackiger und besser zupfen und das Schlagzeug erinnert mit seinem Drive und dem geschickten DoubleBass Einsatz an alte Gamma Ray und Helloween Tage. Wenn dann noch Keyboards und Stagepiano-Einlagen wirken wie aus Zeiten, als man Bands wie Nightwish und Within Temptation noch ohne Gefahr eines gewaltsamen Todes mögen konnte, ist die Mischung gut durch. Da der Sound auch nicht unbedingt optimal, aber doch durchaus gut hörbar ist (ab und an ist mal ne Gitarre zu leise, dann mal wieder das Keyboard, wurde aber alles schnell wieder ausgebügelt), gerät man schon mal in nostalgisches Schwärmen. Das der Sänger v.a. in den späteren Songs nicht jeden Ton trifft liegt nach eigener Aussage an seinem „massive hangover....hey, we hang out with a band like Alestorm. There”s no other way“ Anschließend bekommt er noch einen Lachkrampf über einen eigenen Versprecher, als er versehentlich “We are Sabaton” erzählt. Ansonsten gibt es nicht viel zu bemäkeln. Ein halbstündiger Nostalgietrip, der nun mal nichts, aber auch GARnichts Neues bietet und wahrscheinlich gerade deshalb Spass macht, was sich auch an einer überraschend gut gefüllten Halle und begeistertem Applaus zeigte.
Nach kurzer Umbaupause folgten dann ALESTORM. Wer die Band schon einmal gesehen, oder sogar nur von CD gehört hat, weiß, was auf ihn zukommt: waschechter Spass...in diesem Fall in der 45 Minuten Dosis. Diese Dosis geht gerade bei Alestorm immer mit zwei Problemen einher: Aufgrund der kurzen Spielzeit bleiben immer ein oder zwei Songs aussen vor, die man sich aber doch irgendwie gewünscht hätte. Die Spielzeit zu strecken bedeutet aber immer Gefahr, den Spasspegel zu überreizen. So viel Spass Alestorm machen, so genial ihre Bühnenshow, die herrlich dämlichen Einfälle und die lustigen Ansagen von Front-Spargeltarzan Christopher Bowes sind, so kurz ist die Halbwertszeit. Dennoch: über 60 Minuten hätten sie durchaus überzeugen können, aber sie waren ja Vorband. Zu einem dem Wrestling entlehnten „Einmarsch“ betrat der schottische Vierer die Bühne, legte los und hatte von Anfang an das Publikum in seiner Hand. Das ganze Publikum? Nein, eine kleine Gruppierung verweigerte den Schotten die Gute-Laune-Gefolgschaft. Der Autor dieser Zeilen ist einer davon, denn weder konnten mich der während des ersten Songs UNTERIRDISCHE Sound, noch der Song „Heavy Metal Pirates“ (den ich, ganz nebenbei erwähnt, für den schwächsten Song im gesamten Biersturm”schen Backkatalog halte)auch nur ansatzweise in gute Laune versetzen. Song 2 war dann jedoch „Wenches & Mead“, gefolgt von „Wolves of the Sea“ und signifikant verbessertem Sound und ab da stieg auch wieder der Spasspegel; es wurde gegröhlt, geschunkelt, geheadbangt und ge-Fäuste-gen-Bühne-gereckt. Ein typisch gelungener rundum-Wohlfühl-Alestorm Gig, wenngleich die neue Nummer „Rum“ irgendwie einfallslos wirkt. Stört mich allerdings nicht so sonderlich, da auch die erste Auskopplung des „Black Sails at Midnight“ mit „Keelhauled“ vermuten liess, dass sich das Schiffchen in Finntroll”sches Party-Humpaa Kielwasser begibt. Diese Befürchtung konnte der Rest des Albums dann aber eindrucksvoll entkräften, warum also nicht auch hier?
Setlist Alestorm (22.10.2010, Dortmund):
- Heavy Metal Pirates
- Wenches & Mead
- Wolves Of The Sea
- Nancy The Tavern Wench
- Rum
- The Quest
- Over The Seas
- Captain Morgan's Revenge
- Keelhauled
Nach einer diesmal etwas längeren Umbaupause baten dann die Herren von Sabaton zum Stelldichein. Das mutete zunächst etwas seltsam an, wurde die Menge mit SEHR hellem weissen Licht an die Nähe der Schneeblindheit geblendet, während man gleichzeitig das komplette „The Final Countdown“ von EUROPE zu hören bekam. Recherchen ergaben, dass sie das derzeit bei allen Gigs machen, deswegen mein Service an euch: Sonnenbrille nicht vergessen.
Nach diesem Start nach guter „WTF??“ Hausmannskost (bei dem trotzdem JEDER mitgesungen hat) hörte man dann aber das vertraute Intro, dass schon bei der vergangenen Tour zu hören war und es ging auch dann tatsächlich mit „Ghost Division“ los. Dieser Song ist aber auch einfach ein ideales Live Intro und mit seinem stampfenden Rhythmus ein absoluter Nackenbrecher erster Güte. Apropos stampfender Rhythmus: bin ich der einzige, dem aufgefallen ist, dass sie bei dem Song im Chorus jedes Mal langsamer geworden sind, um sich dem Mitsing-Tempo der Menge anzupassen? Egal, der Song hat trotzdem gerockt wie Sau. Wer aber dachte, danach würden die Gesangsmuskeln erstmal eine Pause bekommen, der konnt falscher nicht liegen, ging es doch gleich mit „Uprising“, einer der Powerballaden von der aktuellen Langrille, in Runde 2 ging. Der Mitsing-Faktor ist bei Sabaton ja ohnehin hoch, wurde aber an diesem Abend noch durch die Setlist unterstützt. Mit Ausnahme von „A Light in the Dark“ alle Powerballaden und auch die wirklichen Highspeed-Granaten fehlten. Ansonsten gab es an der Setlist nichts auszusetzen. Klar, den einen oder anderen Song wünscht man sich dann doch noch rein (in meinem Fall: „Panzerkampf“, „Into the Fire“ und „Union (Slopes of St. Benedict)“) aber irgendwann ist halt auch die Zeit erschöpft. Andere Setlists der Tour offenbaren zudem, dass Sabaton durchaus ihr Set durchmischen. So kam in Ludwigsburg vom neuen Album noch „Screaming Eagles“ zum Zug, während Leipzig „Panzerkampf“ und „Hellrider“ spendiert bekam. Dafür hatten wir in Dortmund halt „Art of War“ und „Price of a mile“, womit ich rückblickend auch echt gut leben kann. Das Sabaton eine echte Stimmungskanone sind, was nicht zuletzt, neben der Musik, an der Performance und den Ansagen von Rampensau Joakim Broden liegt, ist hinlänglich bekannt. Dass sie allerdings auch eine ernste Seite haben, zeigte sich bei der Ansage zu „The Final Solution“. So habe man in der Band debattiert, ob man den Song über die Endlösung der Judenfrage im dritten Reich in Deutschland spielen wolle und habe sich im Grunde schon dagegen entschieden. Nachdem man den Song aber bei den ersten zwei Gigs nicht gespielt habe, seien dermaßen viele Mails und sonstige Notifications gekommen, wo der Song denn abgeblieben sei, dass man ihn nachträglich ins Set eingefügt hat. Da der Song den Holocaust in keiner Art und Weise verherrlicht, sondern eher das Gegenteil tut, finde ich diese Entscheidung gut so, allerdings trotzdem auch ein Dankeschön an Sabaton, dass sie sich ob der brisanten Thematik solche Gedanken drum gemacht haben, solche Fan-Nähe gibt es nicht mehr viel. Und genau das zeichnet Sabaton Shows nach wie vor aus: Kommunikation und Interaktion: als sich bei der Abstimmung, ob Wolfpack oder Panzerbatallion gespielt werden sollen keine eindeutige Mehrheit abzeichnete wurden eben beide Songs gespielt. Nach lautem Buhen bei der Ankündigung des letzten Songs wurde halt kurzerhand gesagt „Let”s fuck the Setlist“. Und so wurde ein für jeden Sabaton Fan mehr als genialer Gig nicht runtergespielt, sondern zelebriert; von den Fans, wie auch von der Band selbst. Und genau das war es auch, wofür ich die 25 Flocken Eintritt bezahlt haben. Eintritt, der sich bis zum letzten Cent bezahlt gemacht hat.
Übrigens: nach dem Gig lief aus dem Off noch eine SEHR coole, russischsprachige Version von „Panzerkampf“. Ein Schmankerl, dass man, genau wie „Swedish Pagans“, auf der ReIssue des 2008er Albums „The Art of War“ als Bonustracks findet.
Setlist Sabaton (22.10.2010, Dortmund)
- Ghost Division
- Uprising
- Aces In Exile
- 40:1
- Cliffs Of Gallipoli
- The Final Solution
- Saboteurs
- The Price of a Mile
- Coat of Arms
- Swedish Pagans
- Wolfpack
- Panzer Batallion
- Art of War
- Primo Victoria
- Metal Machine / Metal Crüe
So jedenfalls machten sich auch Sabaton nach der Veröffentlichung ihres mehr als gelungenen neuen Albums „Coat of Arms“ daran, die Bühnen Europas und vor allem Deutschlands zu stürmen.
Das die Band aus dem schwedischen Falun mittlerweile zur Speerspitze des melodischen Power Metal, der trotzdem das „Power“ nicht vermissen lässt, gehört, hat sich nicht erst mit Erscheinen des 2010er Outputs so ergeben, sondern ist vielmehr das Ergebnis der logischen Weiterentwicklung einer Band, die stets bereit war, sich zu verbessern und neue Wege einzuschlagen, ohne dabei die musikalischen Wurzeln zu verleugnen.
Diese Entwicklung ist scheinbar auch Nuclear Blast, allen Unkenrufen zum Trotz nun mal eins der wichtigsten Labels, aufgefallen und nach einer starken „Primo Victoria“, einer ganz starken „Attero Dominatus“, sowie ihrem „Breakthrough“-Album, dem von mir höchst geschätzten „Art of War“ (den 2007er ReIssue ihrer ersten Platte aus Underground Zeiten lasse ich hier bewusst unerwähnt(nicht mangels Qualität sei gesagt)) stattete man die Schweden auch mit dem längst überfälligen Major Deal und einer umfangreichen Headliner-Tour aus.
Als tatkräftige Unterstützung holte man sich die schottischen Senkrechtstarter Alestorm sowie die finnischen Newcomer mit dem unausprechlichen Namen Thaurorod ins Boot.
Erstgenannte sollten jedem ein Begriff sein, der nicht die letzten 2 Metal-Jahre unter einem Stein verbracht hat. Die Erfolgsgeschichte der Scottish-Pirate-Metaller ist beispiellos. Ich selbst habe sie in den letzten beiden Jahren fünfmal live erleben dürfen (wobei sie mir live auch immer besser gefallen, als von Platte) und jedes der Konzerte war ein absoluter Hammer. Kann Durchgang 6 also immer noch überzeugen, oder stellen sich dann doch langsam Ermüdungserscheinungen ein?
Thaurorod dagegen waren mir bis zur Ankündigung, dass sie vor Alestorm und Sabaton spielen, gänzlich unbekannt. Also befragte ich Freund Google und mir wurde von diversen Seiten versichert, es mit DER Hoffnung im Bereich des hymnischen Power-Metals zu tun zu haben....also der Rolle, die Sabaton gerade einnehmen. Thron-Neider also....soso.......
In Kombination mit der Wahl des Dortmunder FZWs als Location waren alle Weichen für einen gelungenen Abend gestellt. Ein absolutes Brett, DIE Partygranate Numero Uno und mit Thaurorod die „Große Unbekannte“ und das ganze Paket in einer der besten Locations Deutschlands (ohne jeglichen SchnickSchnack und trotzdem nicht hässlich), was soll da noch schief gehen?
Nun, zuerst einmal die Tatsache, dass die DB es mal wieder nicht hinbekommt, ihre Züge pünktlich fahren zu lassen. Zum Glück hatte ich Murphys Gesetz eingeplant und so liessen sich die 33 Minuten Verspätung (!!!) dann auch kompensieren.
Was sich nicht kompensieren liess, war die Schlange, die sich vor dem FZW gebildet hatte. Wenn ich einen Kritikpunkt an der Location habe, dann der viel zu kleine Eingang. Wenn man noch dazunimmt, dass es ansonsten nur noch den Eingang zur hauseigenen Lounge und einen weiteren Rettungsweg gibt, der auch nicht viel breiter ist, als der Eingang (also eine Doppeltür) stellt sich schon die Frage, ob man im Angesicht der Ereignisse der Loveparade nicht noch hätte nachbessern wollen, denn im Falle einer Panik ist mir nicht ersichtlich, wie man 1500 Leute (wenn ausverkauft ist) da schnell rausbekommen will.
Aber ich schweife ab.
Irgendwann ist die Schlange schließlich überwunden und man lümmelt sich (nach dem Beschluss, in den (zwar nur leicht, aber dennoch) überteuerten Merch keinen Cent zu investieren) in den Hauptraum, wo Thaurorod schon ihre ersten Töne vom Stapel lassen. Anscheinend gab es noch einen Local Support, den ich aber aufgrund der Schlangen-Länge verpasst hab. Viel länger als 20 Minuten können die aber ohnehin nicht gespielt haben.
Los gings also mit den Mannen von THAUROROD. Das der Finnen-Fünfer gerade überall als DIE HOFFNUNG abgefeiert wird, ist zwar bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar und sogar verständlich, aber eben nur bis zu jenem gewissen Grad.
Besser gut geklaut, als schlecht selbst-gemacht ist gleichzeitig der größte Kritikpunkt, den ich an der Band habe, gleichzeitig aber auch das, was die Band so angenehm zu hören macht. Man fühlt sich eben genau an vergangene Glanztaten der Referenzbands erinnert, die diese zum Teil aus eigener Kraft nicht mehr selbst zu erreichen im Stande sind. Der Gesang erinnert an einen Bruce Dickinson (die Stimme klingt haargenau so...zumindest live), die Gitarren liefern sich ein Duell, dass an vergangene Edguy- und Blind Guardian-Zeiten erinnert, den Bass könnte Peavy Wagner bei Rage nicht knackiger und besser zupfen und das Schlagzeug erinnert mit seinem Drive und dem geschickten DoubleBass Einsatz an alte Gamma Ray und Helloween Tage. Wenn dann noch Keyboards und Stagepiano-Einlagen wirken wie aus Zeiten, als man Bands wie Nightwish und Within Temptation noch ohne Gefahr eines gewaltsamen Todes mögen konnte, ist die Mischung gut durch. Da der Sound auch nicht unbedingt optimal, aber doch durchaus gut hörbar ist (ab und an ist mal ne Gitarre zu leise, dann mal wieder das Keyboard, wurde aber alles schnell wieder ausgebügelt), gerät man schon mal in nostalgisches Schwärmen. Das der Sänger v.a. in den späteren Songs nicht jeden Ton trifft liegt nach eigener Aussage an seinem „massive hangover....hey, we hang out with a band like Alestorm. There”s no other way“ Anschließend bekommt er noch einen Lachkrampf über einen eigenen Versprecher, als er versehentlich “We are Sabaton” erzählt. Ansonsten gibt es nicht viel zu bemäkeln. Ein halbstündiger Nostalgietrip, der nun mal nichts, aber auch GARnichts Neues bietet und wahrscheinlich gerade deshalb Spass macht, was sich auch an einer überraschend gut gefüllten Halle und begeistertem Applaus zeigte.
Nach kurzer Umbaupause folgten dann ALESTORM. Wer die Band schon einmal gesehen, oder sogar nur von CD gehört hat, weiß, was auf ihn zukommt: waschechter Spass...in diesem Fall in der 45 Minuten Dosis. Diese Dosis geht gerade bei Alestorm immer mit zwei Problemen einher: Aufgrund der kurzen Spielzeit bleiben immer ein oder zwei Songs aussen vor, die man sich aber doch irgendwie gewünscht hätte. Die Spielzeit zu strecken bedeutet aber immer Gefahr, den Spasspegel zu überreizen. So viel Spass Alestorm machen, so genial ihre Bühnenshow, die herrlich dämlichen Einfälle und die lustigen Ansagen von Front-Spargeltarzan Christopher Bowes sind, so kurz ist die Halbwertszeit. Dennoch: über 60 Minuten hätten sie durchaus überzeugen können, aber sie waren ja Vorband. Zu einem dem Wrestling entlehnten „Einmarsch“ betrat der schottische Vierer die Bühne, legte los und hatte von Anfang an das Publikum in seiner Hand. Das ganze Publikum? Nein, eine kleine Gruppierung verweigerte den Schotten die Gute-Laune-Gefolgschaft. Der Autor dieser Zeilen ist einer davon, denn weder konnten mich der während des ersten Songs UNTERIRDISCHE Sound, noch der Song „Heavy Metal Pirates“ (den ich, ganz nebenbei erwähnt, für den schwächsten Song im gesamten Biersturm”schen Backkatalog halte)auch nur ansatzweise in gute Laune versetzen. Song 2 war dann jedoch „Wenches & Mead“, gefolgt von „Wolves of the Sea“ und signifikant verbessertem Sound und ab da stieg auch wieder der Spasspegel; es wurde gegröhlt, geschunkelt, geheadbangt und ge-Fäuste-gen-Bühne-gereckt. Ein typisch gelungener rundum-Wohlfühl-Alestorm Gig, wenngleich die neue Nummer „Rum“ irgendwie einfallslos wirkt. Stört mich allerdings nicht so sonderlich, da auch die erste Auskopplung des „Black Sails at Midnight“ mit „Keelhauled“ vermuten liess, dass sich das Schiffchen in Finntroll”sches Party-Humpaa Kielwasser begibt. Diese Befürchtung konnte der Rest des Albums dann aber eindrucksvoll entkräften, warum also nicht auch hier?
Setlist Alestorm (22.10.2010, Dortmund):
- Heavy Metal Pirates
- Wenches & Mead
- Wolves Of The Sea
- Nancy The Tavern Wench
- Rum
- The Quest
- Over The Seas
- Captain Morgan's Revenge
- Keelhauled
Nach einer diesmal etwas längeren Umbaupause baten dann die Herren von Sabaton zum Stelldichein. Das mutete zunächst etwas seltsam an, wurde die Menge mit SEHR hellem weissen Licht an die Nähe der Schneeblindheit geblendet, während man gleichzeitig das komplette „The Final Countdown“ von EUROPE zu hören bekam. Recherchen ergaben, dass sie das derzeit bei allen Gigs machen, deswegen mein Service an euch: Sonnenbrille nicht vergessen.
Nach diesem Start nach guter „WTF??“ Hausmannskost (bei dem trotzdem JEDER mitgesungen hat) hörte man dann aber das vertraute Intro, dass schon bei der vergangenen Tour zu hören war und es ging auch dann tatsächlich mit „Ghost Division“ los. Dieser Song ist aber auch einfach ein ideales Live Intro und mit seinem stampfenden Rhythmus ein absoluter Nackenbrecher erster Güte. Apropos stampfender Rhythmus: bin ich der einzige, dem aufgefallen ist, dass sie bei dem Song im Chorus jedes Mal langsamer geworden sind, um sich dem Mitsing-Tempo der Menge anzupassen? Egal, der Song hat trotzdem gerockt wie Sau. Wer aber dachte, danach würden die Gesangsmuskeln erstmal eine Pause bekommen, der konnt falscher nicht liegen, ging es doch gleich mit „Uprising“, einer der Powerballaden von der aktuellen Langrille, in Runde 2 ging. Der Mitsing-Faktor ist bei Sabaton ja ohnehin hoch, wurde aber an diesem Abend noch durch die Setlist unterstützt. Mit Ausnahme von „A Light in the Dark“ alle Powerballaden und auch die wirklichen Highspeed-Granaten fehlten. Ansonsten gab es an der Setlist nichts auszusetzen. Klar, den einen oder anderen Song wünscht man sich dann doch noch rein (in meinem Fall: „Panzerkampf“, „Into the Fire“ und „Union (Slopes of St. Benedict)“) aber irgendwann ist halt auch die Zeit erschöpft. Andere Setlists der Tour offenbaren zudem, dass Sabaton durchaus ihr Set durchmischen. So kam in Ludwigsburg vom neuen Album noch „Screaming Eagles“ zum Zug, während Leipzig „Panzerkampf“ und „Hellrider“ spendiert bekam. Dafür hatten wir in Dortmund halt „Art of War“ und „Price of a mile“, womit ich rückblickend auch echt gut leben kann. Das Sabaton eine echte Stimmungskanone sind, was nicht zuletzt, neben der Musik, an der Performance und den Ansagen von Rampensau Joakim Broden liegt, ist hinlänglich bekannt. Dass sie allerdings auch eine ernste Seite haben, zeigte sich bei der Ansage zu „The Final Solution“. So habe man in der Band debattiert, ob man den Song über die Endlösung der Judenfrage im dritten Reich in Deutschland spielen wolle und habe sich im Grunde schon dagegen entschieden. Nachdem man den Song aber bei den ersten zwei Gigs nicht gespielt habe, seien dermaßen viele Mails und sonstige Notifications gekommen, wo der Song denn abgeblieben sei, dass man ihn nachträglich ins Set eingefügt hat. Da der Song den Holocaust in keiner Art und Weise verherrlicht, sondern eher das Gegenteil tut, finde ich diese Entscheidung gut so, allerdings trotzdem auch ein Dankeschön an Sabaton, dass sie sich ob der brisanten Thematik solche Gedanken drum gemacht haben, solche Fan-Nähe gibt es nicht mehr viel. Und genau das zeichnet Sabaton Shows nach wie vor aus: Kommunikation und Interaktion: als sich bei der Abstimmung, ob Wolfpack oder Panzerbatallion gespielt werden sollen keine eindeutige Mehrheit abzeichnete wurden eben beide Songs gespielt. Nach lautem Buhen bei der Ankündigung des letzten Songs wurde halt kurzerhand gesagt „Let”s fuck the Setlist“. Und so wurde ein für jeden Sabaton Fan mehr als genialer Gig nicht runtergespielt, sondern zelebriert; von den Fans, wie auch von der Band selbst. Und genau das war es auch, wofür ich die 25 Flocken Eintritt bezahlt haben. Eintritt, der sich bis zum letzten Cent bezahlt gemacht hat.
Übrigens: nach dem Gig lief aus dem Off noch eine SEHR coole, russischsprachige Version von „Panzerkampf“. Ein Schmankerl, dass man, genau wie „Swedish Pagans“, auf der ReIssue des 2008er Albums „The Art of War“ als Bonustracks findet.
Setlist Sabaton (22.10.2010, Dortmund)
- Ghost Division
- Uprising
- Aces In Exile
- 40:1
- Cliffs Of Gallipoli
- The Final Solution
- Saboteurs
- The Price of a Mile
- Coat of Arms
- Swedish Pagans
- Wolfpack
- Panzer Batallion
- Art of War
- Primo Victoria
- Metal Machine / Metal Crüe