05.12.2005, 20:15
bin gerade ueber folgenden beitrag von heise.de gestossen - es geht mir jetzt nicht primaer um heise.de sondern das solche klagen demnaechst auf alle foren zukommen koennten...
Zitat:Urteil: Heise haftet auch ohne Kenntnis fuer Forenbeitraege
Das Hamburger Landgericht hat eine einstweilige Verfuegung bestaetigt, nach der es heise online verboten ist, Forenbeitraege zu verbreiten, in denen dazu aufgerufen wird, durch den massenhaften Download eines Programms den Server-Betrieb eines Unternehmens zu stoeren. Der Heise Zeitschriften Verlag wird damit faktisch gezwungen, saemtliche Beitraege zu den Diskussionsforen im Vorhinein auf diesen Rechtsverstoss hin zu ueberpruefen. Das Urteil (Az. 324 O 721/05) duerfte gravierende Auswirkungen auf den Betrieb von Webforen und vergleichbaren Diensten haben.
Im vorliegenden Fall sahen das Unternehmen Universal Boards und dessen Geschaeftsfuehrer Mario Dolzer ihre Rechte verletzt. Einzelne Forenteilnehmer hatten im Forum zu einem Bericht ueber die Geschaeftspraktiken von Universal Boards ein Skript veroeffentlicht, das geeignet sein soll, den Betrieb von Download-Services dieses Unternehmens zu gefaehrden. Dessen Rechtsanwalt Bernhard Syndikus verlangte daraufhin per Abmahnung vom Verlag, es zu unterlassen, "an der Verbreitung von 'Leserkommentaren' mitzuwirken, in denen woertlich oder sinngemaess dazu aufgerufen wird, Dateien, insbesondere das Programm 'k.exe', so oft wie moeglich von den Servern meiner Mandantschaft downzuloaden, um die Server meiner Mandanten 'in die Knie zu zwingen'".
Der Verlag loeschte umgehend die genannten Forenbeitraege, gab aber die geforderte Verpflichtung nicht ab, da er seiner Auffassung nach nur bei Kenntnis der potenziell rechtswidrigen Beitraege handeln muss. Daraufhin erwirkte Universal Boards eine der Unterlassungsaufforderung entsprechende einstweilige Verfuegung am Landgericht Hamburg. Den Widerspruch des Verlags gegen diese Verfuegung wies das Gericht nach einstuendiger muendlicher Verhandlung am vergangenen Freitag ab.
Die Kammer erklaerte, sie sei ueberzeugt, dass der Verlag allein durch die Verbreitung auch ohne Kenntnis fuer die im Forum geaeusserten Inhalte haftbar zu machen sei. Er koenne schliesslich die Texte vorher automatisch oder manuell pruefen. So wie der Verlag das Forum bisher betreibe, fordere er Rechtsverletzungen sogar potenziell heraus, betonte ein Richter. Es sei nicht hinnehmbar, dass "die in ihren Rechten Verletzten Ihnen hinterherrennen muessen". Den Einwand des Verlags, dass eine automatische Filterung erwiesenermassen nicht funktioniere und eine manuelle Pruefung jedes Beitrags angesichts von ueber 200.000 Postings pro Monat schlicht nicht zu leisten sei, liess die Kammer nicht gelten.
"Sollte sich diese Rechtsprechung durchsetzen, fuehrt das dazu, dass jeder Anbieter, der ungefiltert die Moeglichkeit zu Kommentaren bietet, unmittelbar fuer Rechtsverstoesse in den Beitraegen haftet und abgemahnt werden kann", kommentierte der Justiziar des Heise Zeitschriften Verlags, Joerg Heidrich. Davon seien nicht nur Foren, sondern auch alle anderen Web-Kommunikationsformen wie Blogs, Gaestebuecher oder sogar Chats betroffen. Nach Ansicht von Heidrich steht diese Rechtsprechung im klaren Widerspruch zu dem erklaerten Willen des Gesetzgebers und einer EU-Richtlinie, wonach Diensteanbieter gerade nicht dazu verpflichtet seien, die von ihnen nur uebermittelten oder gespeicherten Informationen zu ueberwachen. Auch der BGH gehe in einem Urteil zu dieser Problematik davon aus, dass ein Anbieter nur dann als Stoerer hafte, wenn zumutbare Kontrollmoeglichkeit ueber die verbreiteten Inhalte bestuenden.
Die Auswirkungen des Urteils auf den weiteren Betrieb der Webforen von heise online sind kaum absehbar. "Wir werden Foren schliessen muessen, wenn einzelne Teilnehmer ueber die Straenge zu schlagen drohen, und koennen wohl zu brisanten Themen generell keine Diskussionsplattform mehr anbieten", sagte Chefredakteur Christian Persson. Der Heise Zeitschriften Verlag hat bereits angekuendigt, nach der Zustellung der schriftlichen Urteilsbegruendung Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen. (hob/c't)