Die Internet-Plattform Jamendo erfreut sich seit einigen Jahren im musikalischen Underground wachsender Beliebtheit. Bands und Künstler ohne Plattenvertrag können dort ihre Musik in Form von herunterladbaren MP3 Dateien einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen und auf diesem Wege vereinzelte Songs oder sogar Alben unter die Leute bringen.
Seit dem Start von Jamendo im Jahr 2009 ist sowohl die Zahl der Nutzer als auch die der verfügbaren Alben kontinuierlich angestiegen. Inzwischen hat Jamendo nach eigenen Angaben über 800.000 Nutzer, die auf ein Repertoire von mehr als 35.000 Alben von über 19.000 Musikern zugreifen können.
Natürlich gibt es auf der Seite auch jede Menge „Rock Garage“ – kompatible Mucke und eine dieser Bands die ich euch deshalb heute vorstellen möchte sind Sunset Boulevard.
Die beiden Finnen Juha Vornanen und Simo Saini musizieren bereits seit den späten Neunziger Jahren miteinander und frönen dabei unüberhörbar dem typischen Scandi AOR Sound der 80iger, also quasi irgendwas in der Schnittmenge zwischen Treat, Fate, Dalton und all den anderen unzähligen musikalischen Vorbildern aus dieser großartigen skandinavischen Rockära.
Instrumental teilen die Jungs einen Großteil der Arbeit unter sich auf. Juha zeichnet sich verantwortlich für den Gesang, Gitarre und das Schlagzeug (wobei es sich bei letzterem wohl eher um einen Drumcomputer handeln sollte), Simo kümmert sich um den Bass, die Keyboards und einige Backgroundvocals.
Die beiden erfinden das Rad auf „Hungry Hearts“ sicherlich nicht neu, aber wer ein Herz für den Underground hat, AOR und Melodic Rock liebt und diese kleine sympathische Hobbyband – denn als genau das sehen sich Sunset Boulevard selber – gerne unterstützen möchte, surfe einfach mal auf ihre Jamendo-Seite und lade sich dort ihr Album vollkommen legal und kostenlos herunter. Ausserdem gibt es noch die Möglichkeit einer kleinen freiwilligen finanziellen Spende. Verdient hätten die Jungs es allemal.
Band: Holy Dragons
Album: Zerstörer
Spielzeit: 70 Min
Plattenfirma: Pitch Black Records
Ab und zu wird man auch nach über zwanzig Jahren, in der man diese Musik nun schon hört, doch noch überrascht. Wer würde z.B. die Republik Kasachstan mit Heavy Metal in Verbindung bringen? Im Falle der Holy Dragons sprechen wir hier allerdings von einer Band die es bereits seit über zwanzig Jahren gibt.
Nach diversen eigenproduzierten EP”™s und Alben und einigen Umbesetzungen – Frontmann Ian Breeg ist bereits der sechste Sänger in der Band – nahm sich nun in diesem Jahr das kleine zypriotische Heavy Metal Label Pitch Black Records der Band an.
Musikalisch orientiert sich das Songmaterial auf „Zerstörer“ schwer an den Achtziger Jahren. Stellt euch eine Mischung aus Omen, Judas Priest und teutonischen Stahl wie Grave Digger vor, und schon habt ihr den Sound der Jungs ungefähr im Kopf.
Instrumental ist die Mucke sehr sauber gespielt, Ian Breeg”™s Gesang ist als extrem hoch zu bezeichnen und wird auch sicherlich nicht jedermanns Geschmacknerv treffen. Leider schafft es die Band nicht über die volle Spieldauer , immerhin 70 Minuten, die Spannung aufrecht zu erhalten. Vieles klingt auf die Dauer zu austauschbar und obwohl es hier an guten Riffs nicht mangelt, vermiss ich einfach ein wenig an Abwechslung. Auch die Tatsache das die Songs im Schnitt alle zwei bis drei Minuten zu lang sind, macht es für mich nicht leichter.
Immerhin ist produktionstechnisch alles im grünen Bereich und Fans von undergroundigen True Metal könnten hier vielleicht doch das ein oder andere Ohr riskieren.
Band: Dead City Ruins
Album: Midnight Killer
Spielzeit: 43 min
Plattenfirma: Impedance Records
Veröffentlichung: 23.Juli 2012
Homepage: www.facebook.com/deadcityruins
Australien war und ist nicht erst seit gestern stets Garant für guten, ehrlichen handgemachten Rock. Die Rocker wachsen dort also sprichwörtlich quasi schon fast auf den Bäumen. Im Falle der Dead City Ruins lief es allerdings ein wenig anders als üblich. Die fünf Jungs aus Melbourne haben sich nämlich im Jahr 2007 auf dem „alten Kontinent“ in London gegründet, wo sie sich dann auch erstmal für die nächsten drei Jahre ordentlich den Arsch in diversen Klubs abgespielt haben und zwischendurch die EP „Lost In London“ aufnahmen.
2010 kehrten sie wieder zurück in ihre alte Heimat um eben genau dort ihr Debüt „Midnight Killer“ einzuspielen. Man sollte jetzt allerdings nicht den Fehler machen und denken „Ok, sie sind Aussies, sie rocken, sie klingen sicher genauso wie AC/DC und Rose Tattoo!“ – mitnichten. Was man zu hören bekommt ist im allerbesten Sinne dreckig-roher Schweinerock. Stellt euch vor Guns N”˜ Roses hätten zu Zeiten ihres Debüts heimlich zusammen mit Glenn Danzig und den Poor Boys einen durchgezogen und wären dann direkt für eine spontane Bandsession in ein Aufnahmestudio gepilgert („Where You Gonna Run“) . Der Gesang von Vocalist Jake Wiffen lässt sich wohl auch am ehesten als Mischung aus Glenn Danzig, Axl Rose und James Hetfield beschreiben.
„Damn My Eyes“ ist ein eingängiger Straight-Into-Your-Face Rocker , inklusive geilem Riffing, wummernden Bass und fettem Soli. Der Titeltrack „Midnight Killer” ist nicht weniger mitreissend, auch hier besteht akute Fußmitwipp – Gefahr.
Der interessanteste und gleichzeitig auch längste Song auf dem Longplayer ist das fast siebenminütige „Blues“. Langsam und lässig baut sich hier – unterstützt durch dem ruhigen, aber unterschwellig auch irgendwie bedrohlichen Gesang Jake Wiffen”™s - eine angespannte Atmosphäre auf, die dann zur Mitte des Songs in einem Schrei plus Riffgewitter gipfelt.
Die Dead City Ruins haben mit „Midnight Killer“ ein ziemlich heisses Eisen im Feuer. Wer auf 70”™s und 80”™s beeinflusstem Hardrock steht und mal wieder was Neues und erfrischend Unpoliertes in seinen CD Player schieben möchte, kann mit ihren Debüt nichts verkehrt machen.
Band: High Road Easy
Album: Drive
Spielzeit: 42 min
Plattenfirma: Eigenproduktion
Veröffentlichung: 15.11.2012
Homepage: www.highroadeasy.com
High Road Easy sind eine Zwei Mann Band aus Karlsruhe die mit „Drive“ dieser Tage ihren bereits zweiten Longplayer veröffentlichen. Sänger Jan Knopf und Sven Horlemann, Gitarrist, Bassist und Keyboarder in Personalunion und ausserdem zuständig für die Songarrangements und Teilen des Songwritings haben innerhalb eines 15-monatigen Aufnahmeprozesses ein richtig starkes Stück Melodic Rock produziert. Hilfe bekamen sie in dieser Zeit unter anderem vom Musicalkomponisten Stefan Wurz am Klavier.
Soundtechnisch braucht sich ihre selbstfinanzierte Eigenproduktion keineswegs zu verstecken. Alle Instrumente auf „Drive“ klingen kraftvoll, sehr differenziert und zu wirklich keiner Sekunde in irgendeiner Art und Weise „billig“. Ich habe ihr 2009er Debüt „Hotter Than A Thousand Suns“ leider verpasst, aber wenn die Mucke auf „Drive“ ein Qualitätsindikator ist, sollte ich das wohl dringendst nachholen.
Geboten bekommt man einen Mix aus rockigem Melodic Rock, hochmelodiösen AOR und saulässiger Westcoast – Mucke.
Der Albumeinstieg „Fire In The Hole“ erinnert direkt an große musikalische Vorbilder wie Journey und kann gegen Ende ausserdem noch mit einer spontanen, sehr rockigen Gitarreneinlage überraschen.
„Loving You“ erzeugt durch sein durchgängiges Grundriff Southern Rock Stimmung, während in der Ballade „Emily“ Toto meets Marillion Feeling aufkommt.
„Fly From Here“ ist eine leicht melancholische Nummer, die vor allem durch ihren extrem eingängigen Chorus punkten kann. Zu Songs wie „Love Lies Bleeding“ und „Setting Our Sights“ möchte man im Sommer bei strahlendem Sonnenschein am liebsten mit heruntergekurbelten Fenstern durch die Gegend cruisen und auf „Mysterious“ schwingen die Jungs nochmal die Journey – und Foreigner Keule.
Bisher war ich von deutschem Melodic Rock nie sonderlich begeistert, aber High Road Easy haben mit „Drive“ auf der ganzen Linie hochklassige Überzeugungsarbeit geleistet!
Anspieltipps: Fire In The Hole, Mysterious, Emily, Fly From Here